Einweihung einer Gedenktafel für Thomaskantor und Organist Günther Ramin

Die Stadt Leipzig würdigt den früheren Thomaskantor und Organisten Günther Ramin (1898–1956) mit einer Gedenktafel an der Einfriedung seines letzten Wohnhauses in der Ferdinand-Lassalle-Straße 22. Kulturbürgermeisterin Dr. Skadi Jennicke, die älteste lebende Enkelin Ramins, Dr. Gabriele Ramin, und sein Urenkel, Thomasorganist Johannes Lang, weihten die Gedenktafel am 06. November ein. Eine kleine Besetzung des Thomanerchores umrahmte die Reden und Erinnerungen an Ramin musikalisch und sang unter Leitung von Thomaskantor Andreas Reize den Schlusschoral „Du heilige Brunst“ aus der Motette BWV 226 von Johann Sebastian Bach, den „Morgengesang: Du höchstes Gut, ewiger Schein“ von Max Reger und „Beati quorum via“ von Charles Villiers Stanford. Die Gedenktafel wurde im Auftrag der Stadt Leipzig von der Leipziger Künstlerin Caroline Kober gestaltet. Bei der Einweihung waren auch ehemalige Thomaner anwesend, die noch selbst unter Alt-Thomaskantor Ramin gesungen hatten.

Hintergrund aus der Pressemitteilung:

Leipzig ehrt mit der Gedenktafel einen Musiker, der sich als Künstler und Thomaskantor insbesondere um die Leipziger Bachpflege verdient gemacht hat. Doch unbenommen seiner Verdienste und der Ausstrahlung, die er noch Jahrzehnte nach seinem Tod auf seine Freunde, Schüler und ehemalige Thomaner hatte, müssen auch seine Verstrickungen in die NS-Kulturpolitik benannt werden. Als Kind sang Günther Ramin im Thomanerchor. Er studierte Klavier und später Orgel bei Thomasorganist Karl Straube. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde er dessen Nachfolger. Die Nationalsozialisten versuchten, den international erfolgreichen Organisten für ihre Ziele zu instrumentalisieren. Er zeigte sich zugänglich und spielte beispielsweise 1935 bei der Hochzeit Hermann Görings die Orgel. Ein Jahr später weihte er in Nürnberg auf dem NSDAP-Parteitag die neu installierte „Reichsparteitagsorgel“ ein, ein monumentales Instrument im Dienst der NS-Propaganda. 1939 wurde Ramin zum Thomaskantor berufen. NS-Kulturpolitiker versprachen sich von ihm eine entschlossenere Verweltlichung des Thomanerchors und Einbindung in die „völkische“ Kulturpolitik, unter anderem durch die Lösung aus der kirchlichen Bindung und Eingliederung in ein neues Musisches Gymnasium. Dies ließ Ramin im Sande verlaufen. Zugleich setzte er sich gegen die Einberufung seiner Sänger zur Wehrmacht ein. In der schwierigen Zeit des Krieges und des Wiederaufbaus nach 1945 hielt er den Chor zusammen und versuchte, die Kontinuität der Motetten vom kriegsbedingten Ausweichquartier in Grimma aus aufrecht zu erhalten. Ab 1947 unternahm er mit den Thomanern zahlreiche Konzertreisen in Europa, in die Sowjetunion und 1955 auch nach Südamerika. So gelang es ihm, den Chor wieder auf hohes musikalisches Niveau und zu internationaler Anerkennung zu führen. Nach 1949 übernahm Ramin diverse Ämter innerhalb der DDR-Bachpflege. Er förderte das Bachfest als dessen künstlerischer Leiter, die Neue Bachgesellschaft und den Bachwettbewerb und blieb bis zu seinem Tod Thomaskantor.

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